Christoph Kolumbus ist der Entdecker Amerikas – und zwar per Gerichtsbeschluss. Seine Enkel hatten dieses Urteil angestrebt. Bis Mitte des 16. Jahrhunderts ein Gericht in Madrid zu dieser Entscheidung kam, galt jedenfalls ein anderer als der Entdecker des neuen Kontinents, und sein Name war Amerigo Vespucci. Mit der Unterstützung seines Gönners und Dienstherrn Lorenzo Pietro de Medici schloss er sich 1499 einer Expedition aus zwei Schiffen an. Der Auftrag war herauszufinden, ob es für die Bankiersfamilie Medici keine interessanten Schätze am anderen Ende der Welt gäbe. Vespucci kehrte nach einer ausgedehnten Fahrt entlang der südamerikanischen Küste mit einigen Erkenntnissen zurück, die er in mehreren Briefen veröffentlichte. Diese Briefe mit ihren lebhaften Beschreibungen der dortigen Landschaften und Tierwelt waren damals enorm populär und wurden in 37 Sprachen übersetzt. Vespucci äußerte dort als erster die Vermutung, es handele sich bei den Ländern nicht um eine Inselgruppe, sondern um einen ganzen neuen Kontinent, und diese Botschaft wurde in 37 Sprachen gehört, so auch in Deutsch. Zu dieser Zeit arbeitete ein gewisser Martin Waldseemüller, einer der herausragenden Kartografen seiner Zeit an einem Globus und einer der damals genauesten Weltkarten. Sein Mitarbeiter war der Dichter Matthias Ringmann. Er drängte Waldseemüller, den neuen Kontinent nach der latinisierten Fassung des Namens seines vermeintlichen Entdeckers zu benennen. Aber, so der Dichter, doch bitte schön wie alle anderen damaligen Kontinente auch, in einer weiblichen Form. So wurde America daraus. Und diesen Namen schrieb Waldseemüller dann auf seine Karte.